Was, wann, wo in Knittelfeld?

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Knittelfeld im Jahr 1945

Der von Bomben zerstörte Hauptplatz.

2015 jährt sich zum 70. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges, der Zusammenbruch des Dritten Reiches und der Neubeginn Österreichs – die Zweite Republik.

1945 – die letzten Kriegsmonate
Einige Ereignisse bis zum endgültigen Zusammenbruch des Dritten Reiches:
Am 12. Jänner begann die sowjetische Großoffensive südlich von Warschau. Ungarn schloss am 20. Jänner einen Waffenstillstand mit der Sowjetunion und wechselte somit auf die Seite der Alliierten. Historisch besonders bekannt wurden die vier Luftangriffe der britischen und amerikanischen Bomberverbände auf Dresden von 13. bis 15. Februar. Dabei starben zwischen 22.700 und 25.000 Menschen. Große Teile der Innenstadt sowie der industriellen und militärischen Infrastruktur wurden zerstört. In diesem Zusammenhang ist auch der schwere Bombenangriff am 23. Februar auf Knittelfeld zu erwähnen.

Am 15. Februar veröffentliche Propagandaminister Joseph Goebbels einen Zeitungsartikel, in dem er sich für eine Fortsetzung des Krieges aussprach, weil seiner Auffassung nach der zu erwartende Frieden dem deutschen Volk die Versklavung bringe. Nach monatelangen schweren Kämpfen gegen die Deutsche Wehrmacht überschritten sowjetische Truppen am 29. März bei Klostermarienberg im heutigen Burgenland die damalige deutsche Reichsgrenze. Erst einen Monat später, am 28. April, betraten die Westalliierten in Tirol österreichischen Boden.

Als österreichische Unabhängigkeitserklärung wurde die am 27. April im Wiener Rathaus von Vertretern der Gründungsparteien der Zweiten Republik (SPÖ, ÖVP und KPÖ) unterzeichnete Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs bezeichnet. Am gleichen Tag erfolgte die Konstituierung der provisorischen Staatsregierung unter Vorsitz von Dr. Karl Renner.

Adolf Hitler hatte am 30. April im Bunker unter der Reichskanzlei Selbstmord begangen. Vor seinem Tod hatte er noch Großadmiral Karl Dönitz zu seinem Nachfolger ernannt. Der Tod Hitlers wurde im Radio erst am Abend des 1. Mai gemeldet, dabei wurde sein Suizid verschwiegen: „An der Spitze der heldenmütigen Verteidiger der Reichshauptstadt ist der Führer gefallen. Von dem Willen beseelt, sein Volk und Europa vor der Vernichtung durch den Bolschewismus zu erretten, hat er sein Leben geopfert.“

Am 7. Mai wurde im obersten Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkräfte in Reims von Generaloberst Adolf Jodl die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet, die am 8. Mai um 23.01 Uhr in Kraft trat. Aus protokollarischen Gründen kam es zu einer Wiederholung der Unterzeichnung einer weiteren Kapitulationserklärung im Hauptquartier der sowjetischen 5. Armee in Berlin-Karls Horst durch Generalfeldmarschall Keitel, Generaladmiral Friedeburg und Generaloberst Stumpff. Damit hörte das NS-Regime zu bestehen auf. Trotz der bedingungslosen Kapitulation auf dem Land, auf der See und in der Luft kämpften einzelne Verbände noch einige Tage gegen sowjetische Truppen weiter, um Militärverbände und Zivilisten in die Westgebiete zu bringen, damit sie sich nicht der Roten Armee ergeben müssen.

Die letzten Kriegsmonate – einige heimische Zeitungsberichte
Nicht wenige Menschen trugen damals die Überzeugung in sich, dass der Krieg verloren sei. „Hört auf damit, es hat keinen Sinn mehr“, derartige Äußerungen waren hin und wieder zu hören. Solche Ansichten waren nicht ungefährlich, wenn sie NS-Fanatikern zu Ohren kamen. Sie wurden nämlich als wehrkraftzersetzend angesehen und streng bestraft. So kam es in den letzten Stunden noch zu Todesurteilen.

Das offizielle Dritte Reich gab sich, was ein Kriegsende betraf, jedoch völlig anders. Nicht wehrfähige Männer zwischen 16 und 60 Jahren wurden zum Volkssturm eingezogen. Sie wurden für die Verteidigung des „Heimatbodens“ und für den deutschen „Endsieg“ aufgeboten. Die Angehörigen des Volkssturmes trugen keine Uniformen des Heeres, sondern waren mit einer Armbinde „Deutscher Volkssturm – Wehrmacht“ gekennzeichnet. Schlecht ausgebildet und bewaffnet, standen diese Männer einem überlegenen Gegner gegenüber. Es forderte vom Volk äußerste Anstrengung und das Letzte zu geben:  „Mit dem Führer vereint sich die Nation in dem felsenfesten Glauben: Der Endsieg gehört dem Würdigsten! Unser feierliches Gelöbnis: Unerschütterliche Pflichterfüllung auch im neuen Jahr“ – so titelte die Kleine Zeitung am 2. Jänner 1945. „…Heute prophezeie ich – wie immer durchdrungen vom Glauben an unser Volk – am Ende den Sieg des Deutschen Reichs! Führerhauptquartier, den 24. Februar 1945. Adolf Hitler“
„Endkampf um deutsche Auferstehung“
Die Steiermark steht in der Stunde der Bewährung fest: Es geht um Heimat und Reich“ (Kleine Zeitung, 1. April 1945)
Reichsminister Dr. Goebbels sprach am Vorabend des Führergeburtstages zur Nation
Der Führer einziger Retter vor dem Wertezerfall
Gäbe es keinen Adolf Hitler, wäre Deutschland schon längst eine Beute des Bolschewismus“ (Kleine Zeitung, 20. April 1945)
Nach dem Tod Adolf Hitlers setzte der Gauleiter der Steiermark, Sigfried Uiberreither, folgenden Funkspruch an Großadmiral Karl Dönitz ab: „Der Gau Steiermark steht in unbedingter Gefolgsschaftstreue hinter Ihnen als dem vom Führer ernannten Nachfolger.“

Knittelfeld – Ziel von Luftangriffen
Die unmittelbaren und folgenschweren Auswirkungen des Krieges waren die ständigen Luftangriffe auf die Stadt. In Summe waren es 31 derartige Angriffe, die Leben, Hab und Gut zerstörten. Der erste Luftangriff erfolgte am 2. April 1944 um ca. 10 Uhr, wobei das Haus des Roatmoarhofs in Gobernitz total zerstört wurde. Sechs Tote waren bei diesem ersten Luftangriff zu beklagen. Bis zu diesem Tag war Knittelfeld verschont geblieben. Die Bombenangriffe und Angriffe mit schnellen Kampfflugzeugen, so genannte Tiefflieger, konzentrierten sich auf das Jahr 1945. „Seit Jänner dieses Jahres war jeden Tag um halb 11 Uhr Fliegeralarm…“ (Pfarrchronik). Der folgenschwerste Bombenangriff auf Knittelfeld war am 23. Februar 1945. Etwa 75% der Häuser wurden leicht bis total zerstört – die Stadt glich einem Trümmerhaufen. Damit war auch die Infrastruktur in der Stadt, wie das Wasserleitungs-, Kanal- und Stromnetz zerstört. 235 Menschen kostete dieser Tag das Leben (siehe Folge 10 – Februar 2005). Dieser schwere Bombenangriff zählte zur „Operation Clarion“ und bedeutet soviel wie „Unternehmen Trompetenschall“ und geht auf das Buch Josua „Die Eroberung Jerichos“ (Stadt im heutigen Israel) zurück. Das Ziel war die Zerstörung von Verkehrsanlagen im Deutschen Reich innerhalb von 48 Stunden und sollte gleichzeitig die Luftüberlegenheit der alliierten Luftstreitkräfte demonstrieren. Damit war Knittelfeld mit seinen Eisenbahnanlagen zum Zielgebiet der Luftangriffe geworden.

Widerstand gegen NS-Herrschaft
Während der Zeit des Nationalsozialismus spielte die KPÖ eine wesentliche Rolle in der österreichischen Widerstandsbewegung. Motiviert durch die Moskauer Deklaration vom Oktober 1943 kam es erst im späteren Verlauf des Krieges zur Ausbildung eines überparteilichen Widerstandes. Die Moskauer Deklaration erklärte den „Anschluss“ an das Deutsche Reich im März 1938 für ungültig und forderte, nach dem Zweiten Weltkrieg den souveränen Staat Österreich wieder herzustellen: „Die Regierungen des Vereinten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind der Meinung, dass Österreich, das erste freie Land, das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll.“
Auch in Knittelfeld vollzog sich eine Entwicklung des Widerstandes, die auf die Zeit des Austrofaschismus 1933 – 1938 zurückgeht. Dabei ging es damals um die Wiederherstellung der demokratischen Rechte. In Wort und Schrift und Aktionen sollte die Arbeiterschaft gegen den Faschismus bestärkt werden. Als im Jahr 1937 ein gewaltsamer Anschluss Österreichs an Deutschland immer deutlicher wurde, traten die illegalen Organisationen der Freien Gewerkschaften, der Kommunistischen Partei, des Kommunistischen Jugendverbandes und der Revolutionären Sozialisten mit der Vaterländischen Front in Verbindung, um sich gemeinsam gegen den Hitlerfaschismus zu formieren. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich wurden am 13. März 1938 auch in Knittelfeld die ersten politischen Häftlinge in das hiesige Bezirksgericht eingeliefert. Neben Persönlichkeiten der Vaterländischen Front wurden auch von früher her bekannte Funktionäre der Sozialdemokratie und der Kommunistischen Partei verhaftet. Es wird berichtet, dass im ganzen Land die Gefängnisse, so auch die Zellen des Bezirksgerichtes in Knittelfeld, mit politischen Gefangenen überfüllt waren.
Insgesamt haben 29 Knittelfelder in der Zeit von 1938 bis 1945 im Kampf für ein demokratisches und unabhängiges Österreich ihr Leben geopfert.

Knittelfeld befreit – schon österreichisch
Gegen Ende April 1945 wurde eine Gruppe von Widerstandskämpfern in den Gleingraben gebracht, da für sie eine unmittelbare Gefahr bestand. Gleichzeitig hielten sich beim damaligen Förster des Gutes Hatschek zwei britische Offiziere auf, die mit dem Fallschirm im Gleinalpengebiet abgesprungen waren. Am 6. Mai 1945 besetzten Widerstandskämpfer unter der Führung der beiden britischen Offiziere Major Kaiser, Oberleutnant Williams, einem Fähnrich und einem Feldwebel aus Knittelfeld das Postgebäude. Damit war das Post- und Telegraphenamt besetzt und die darin befindliche Wehrmacht und SS wurden zum Teil entwaffnet. Ein „Österreichisches Freiheitskomitee“ konstituierte sich im Gebäude des ehemaligen Bezirksgerichtes in der Marktgasse, wo nach der Bombardierung am 23. Februar 1945 vorläufig die Stadtverwaltung untergebracht war. Dieses Freiheitskomitee übernahm die Verantwortung für die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern. Weiters war die Normalisierung des Lebens in der Stadt zu sichern. Dazu standen etwa 150 bewaffnete Knittelfelder (Arbeiter, Angestellte und Soldaten) zum Schutz der Stadt bereit. Damit war Knittelfeld österreichisch. Ein Problem waren zu diesem Zeitpunkt die so genannten Ostarbeiter und Kriegsgefangenen in Knittelfeld. Um ein unkontrolliertes Umherstreifen von größeren Menschenmassen und damit einer eventuellen Destabilisierung der Bevölkerung zu verhindern, wurde beschlossen, all diese Personen vorläufig in den Lagern zu belassen und dort ihre Versorgung sicher zu stellen.
Mit dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes am 8. Mai unterstellte sich auch der hiesige Gendarmerieposten der Freiheitsbewegung und sorgte gemeinsam für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit im Stadtgebiet und im Postenrayon Knittelfeld.
Gemeinsam mit der Freiheitsbewegung, Gendarmerie und Stadtpolizei wurden führende Nationalsozialisten festgenommen und im Bezirksgericht inhaftiert. Aus Platzmangel wurde ein Großteil der Verhafteten im Barackenlager in Kobenz untergebracht.
Mit 4. August wurde von der britischen Militärregierung die polizeiliche Tätigkeit des Freiheitskomitees eingestellt. In diesem Zusammenhang wurde auch betont, dass die Dienste, die diese „Bewegung“ zur Befreiung geleistet hat, nicht unterschätzt werden dürfen. Damit lag die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung ausschließlich wieder in staatlichen Händen, wie der britischen Militärregierung und der
österreichischen Exekutive.

Knittelfeld nochmals unter Beschuss
Eine weitere Gefahr bestand darin, dass sich zurückziehende SS-Truppen durch das Lavanttal Knittelfeld angreifen könnten. So nahm das Freiheitskomitee gemeinsam mit den zwei britischen Offizieren Kontakt mit der im Raum Leoben stehenden Roten Armee auf. Daraufhin wurde ein kleiner Verband von kleinen Panzern nach Knittelfeld beordert. In diesem Fall kam es zu keinerlei Kampfhandlungen mehr. Trotz der Kapitulation mit Wirksamkeit 8. Mai 1945, 23.01 Uhr, wurde Knittelfeld am 9. Mai nochmals militärisch attackiert. Der Gemeindebau in der Kärntner Straße wurde wegen ausgehängter rot-weiß-roter Fahnen aus einem vorbeifahrenden Fahrzeug der SS beschossen. Dabei wurden die zwei Freiheitskämpfer Karl Höfferer und Josef Salfellner getötet.
Ebenfalls wurde Knittelfeld am 9. Mai noch von zwei deutschen Kampfflugzeugen mit Spreng- und Brandbomben beworfen und mit Bordwaffen beschossen. Dabei gab es in der Neustadt einige Verletzte und einen unbedeutenden Gebäudeschaden.